Mit einem Knall gelingt Honor nun als eigenständiges Unternehmen der Wiedereinstieg in den deutschen Markt: Das neue Magic 4 Pro ist ein Top-Smartphone, wie es im Buche steht und lässt ausstattungstechnisch keine Wünsche offen, wie unser Test zeigt.
Honor möchte in Deutschland wieder dort anknüpfen, wo das Unternehmen vor dem Huawei-Embargo aufgehört hat. Im Heimatland China gelang bereits ein rasanter Start: Während alle anderen Tophersteller wie Oppo, Vivo, Huawei und Xiaomi im ersten Quartal 2022 gegenüber dem Vorjahr Marktanteile eingebüßt haben, gelang Honor aus dem Stand ein Wachstum von fast 170 Prozent.
Mit einem Marktanteil von 17 Prozent liegt der Hersteller nun knapp hinter Apple auf Platz 4. In Deutschland soll die neue Magic- 4-Reihe ebenfalls für einen starken Wiedereinstieg sorgen. Allen voran Honors neues Topprodukt, das Magic 4 Pro, das mit absoluter Vollausstattung punkten will.
Magic 4 Pro: hochwertige Verarbeitung
Schon beim Äußeren macht Honor keine Kompromisse und zeigt höchste Verarbeitungskunst. Glasrückseite und Display des Magic 4 Pro sind zu den Längsseiten hin stark gekrümmt und münden in einen zwei Millimeter dünnen, auf Hochglanz polierten Metallrahmen. Ein echter Hingucker ist das Cyan unseres Testgeräts, eine sehr empfehlenswerte Alternative zu Schwarz. Weiche Übergänge und der Materialmix sorgen so oder so für angenehme und hochwertige Haptik.
Ober- und Unterseite des Rahmens sind obendrein plan geschliffen und beherbergen neben einem Infrarotblaster noch zwei Stereolautsprecher. Mit 79 dB reicht ihre maximale Lautstärke zwar nicht ganz an die anderer Top-Phones mit 86 dB heran; dafür ist der Klang des Magic 4 Pro aber sehr gut und ausgewogen. Vor allem die hohen Töne gibt das Phone sehr präsent wieder, und tiefe Frequenzen sacken nicht ganz so schnell und stark ab wie beim Sony Xperia IV oder Xiaomi 12 Pro. Trotz der beiden Speaker ist es Honor gelungen, das Magic 4 Pro per IP68 vor Wasser und Staub zu schützen – wie es sich in dieser Preisklasse gehört.
Schwer, aber gute Handhabung
Die hohe Verarbeitungsqualität hat einen Nachteil: Mit 215 Gramm ist das Phone kein Fliegengewicht und rangiert eher am oberen Ende der Skala. Da das Magic 4 Pro aber trotz seiner großen Kameraeinheit optimal ausbalanciert ist und eine abgerundete Rückseite hat, liegt es sehr gut in der Hand. Apropos Kameraeinheit: Hier hatten wir ein Déjà-vu, denn das runde Design erinnert stark an das des vor anderthalb Jahren vorgestellten Huawei Mate 40 Pro.
Da aber bereits der hierzulande nicht verkaufte Vorgänger Magic 3 dieses Designelement aufwies, ist es wohl einfach eine konsequente Weiterentwicklung bestehender Designsprache. Denn Honor ist mittlerweile ein eigenständiger Hersteller, wurde die einstige Huawei-Tochter doch Ende 2020 an ein Unternehmenskonsortium mit Sitz in Shenzhen verkauft.
Eines der besten Displays auf dem Markt
Zurück zum Magic 4 Pro: Eine Wucht ist das Display auf der Front, das sich über satte 6,8 Zoll erstreckt. Damit spielt das Panel größentechnisch in der Oberliga. Qualitativ gehört das OLED des Magic 4 Pro zu den besten im Markt. Es übertrumpft sogar das von S22 Ultra, Xiaomi 12 Pro und Oppo Find X5 Pro. Nur dem Panel des Sony Xperia IV muss es sich geschlagen geben.
Dank der gebogenen Längsseiten und somit sehr schmalen Displayränder nimmt man bei der Nutzung visuell fast nur Display wahr. Surfen und Videos gucken ist somit ziemlich immersiv. Für ein feines Bild sorgen die 1312 x 2848 Pixel des OLEDs und für flüssiges Scrolling eine Bildwiederholrate 120 Hertz. Das LTPO-Panel passt dabei die Aktualisierungsrate dynamisch an die wiedergegebenen Inhalten an. Großen Einfluss auf die Akkulaufzeit scheint das nicht zu haben, wie wir später noch sehen werden.
3D-Gesichtsentsperrung und Ultraschall-Fingerprintsensor für mehr Sicherheit
Unter und im Screen sitzen zwei Elemente, die das Magic 4 Pro in puncto Sicherheit zu einem der besten Android-Phones auf dem Markt machen: eine Frontkamera mit 3D-Gesichtsentsperrung und ein Ultraschall-Fingerprintsensor. Dieser stammt von Qualcomm und generiert mithilfe der Ultraschallwellen ein dreidimensionales Abbild aller Riefen eines Fingers, was deutlich akkurater und sicherer ist als ein optischer Scan. Außerdem ist der Ultraschallsensor weniger störanfällig, sodass sich das Phone sogar mit nassen Fingern entsperren lässt.
Für die Gesichtserkennung wird kein zweidimensionales Foto erzeugt, sondern mittels ToF-Sensor ein 3D-Bild der Gesichtskonturen. Damit lässt sich das Gerät sogar bei schlechten Lichtverhältnissen entsperren, und die Sicherheit ist natürlich ebenfalls noch einmal höher. Mit dem Gesichtsscan lassen sich beispielsweise auch Zahlungen freigeben oder Apps schützen.
Honor bietet viele Software-Features
Auf viele Sicherheitsfunktionen ausgelegt ist auch Honors Nutzeroberfläche Magic UI 6, die auf dem aktuellen Android 12 basiert. Sie ist wie bei Xiaomi, Samsung und Oppo eher bunt gehalten und hat viele Funktionen. So lässt sich ein abgesicherter separater Bereich oder ein verschlüsselter Tresor einrichten, in dem man Fotos, Videos und Dateien ablegen kann. Auf Wunsch schützt man auch Apps per PIN.
Neu ist der per KI geschützte Anruf. Hierbei soll der beim Telefonieren nach außen dringende Schall reduziert werden, damit Umstehende keine Details des Telefonats mithören können. Honor nutzt dafür die Knochenschallübertragung und gibt nur bestimmte Frequenzen über die Hörmuschel wieder.
In unserem Praxistest war der Effekt allerdings überschaubar und vergleichbar mit einem Telefonat bei reduzierter Lautstärke. Praktisch ist noch die Seitenleiste mit Schnellzugriffen auf die wichtigsten Apps und Funktionen. Ein Desktop-Modus ermöglicht zudem Arbeiten am Monitor mit einer Windows-ähnlichen Oberfläche. Die dafür notwendige Verbindung zum Bildschirm stellt man via USB-C-Anschluss her, der DisplayPort unterstützt.
Sehr gute Konnektivität
Im Labor haben wir einen mittleren Datendurchsatz von rund 260 Mbit/s gemessen. Bei Geräten mit 3.2-Gen-1-Standard liegt dieser Wert im Mittelfeld – Oppo schafft beim Find X5 Pro satte 405 Mbit/s. Um die Konnektivität ist es generell aber sehr gut bestellt: So verbaut Honor Dual-SIM, wobei man entweder zwei Nano-SIMs nutzt oder alternativ eine eSIM aktiviert.
Magic 4 Pro mit maximaler WLAN-Geschwindigkeit
Auf der Überholspur fährt das Magic 4 Pro in Sachen WLAN-Speed. Hier erreicht man bis zu 1660 Mbit/s im Download, und mit Abstand zum Router sind immer noch stattliche 466 Mbit/s drin – in der Oberklasse ist beides bisher unerreichte Spitze. Und das, obwohl Honor auf den noch schnelleren E-Zusatz beim Wi-Fi 6 verzichtet Bluetooth ist mit dem aktuellsten 5.2-Standard am Start.
High-End-Leistung
Zur Musikübertragung stehen dem Magic 4 Pro HiRes-Audiocodecs wie aptX HD und LDAC zur Verfügung. Für die entsprechende Oberklasse-Systemleistung sorgt der High-End-Chipsatz Snapdragon 8 Gen 1 zusammen mit 8 GB RAM. Die Bedienung funktioniert damit flüssig, und selbst mit grafikintensiven Spielen oder Multitasking hat das Magic 4 Pro absolut keine Schwierigkeiten. Speicher ist mit 232 GB ebenfalls genügend vorhanden, er ist aber nicht per SD-Karte erweiterbar.
100-Watt-Laden per Kabel und kabellos
Rasant geht‘s beim Magic 4 Pro in Sachen Ladeleistung zu: Honor packt nämlich ein starkes 100-Watt-Netzteil in den Lieferumfang. Momentan lädt nur Xiaomis 12 Pro mit 120 Watt noch fixer. Bislang unerreicht sind hingegen die 100 Watt, die Honor auch kabellos mit dem separat erhältlichen Wireless Charger Stand (99 Euro) ins Phone drückt. Spitzenreiter war bislang das Xiaomi Mi 11 Ultra mit 67 Watt.
Die Herausforderung ist dabei, dass sich der Akku nicht zu stark erwärmt, was seine Lebenszeit beeinträchtigen würde. Ein im Ladeständer integrierter Lüfter sorgt deswegen für ein angenehmes Ladeklima. Außerdem hat Honor den Widerstand der Ladespule reduziert und spezielle Materialien zur Wärmeableitung verbaut.
Was am Ende zählt, ist die Ladezeit: Der 4600-mAh-Akku soll innerhalb von 15 Minuten auf 50 Prozent gebracht werden. Unser Test konnte das nicht verifizieren, aber die in dieser Zeit erreichten 40 Prozent sind in Sachen Wireless Charging auch schon hervorragend. Für die 50 Prozent muss man sich nur weitere fünf Minuten gedulden.
Videofunktionen für Profis
Besonderes Augenmerk legt Honor bei der Kameraausstattung auf die Videofunktionen. Als eines der ersten Phones liefert das Magic 4 Pro 4K 60 fps bei 10-Bit-Farbtiefe. Und das auch noch mit einem flachen LOG-Farbprofil, was ambitionierten Nutzern eine sehr gute Grundlage zur Farbnachbearbeitung (Grading) verschafft. Hier an ein ansprechendes Bild zu kommen, ist jedoch aufwendig und bedarf einer professionellen Schnittsoftware. Zudem liefert der Modus ein recht weiches Bild.
Wem der Aufwand zu hoch ist, greift einfach auf Honors vorgefertigte LUTs zurück, die den Clips wie Filter verschiedene Farbstimmungen verpassen. Dabei entstehen jedoch teilweise unschöne Farbsäume. Für HDR-Videos ist ebenfalls maximal 4K-Auflösung wählbar und sorgt für hellere Schatten.
Am unkompliziertesten ist der normale Videomodus, der unserer Meinung die beste Bildqualität liefert. Kontraste und Farben sind knackig abgestimmt, nur die Sättigung könnte noch etwas geringer ausfallen.
Magic 4 Pro: Empfangseigenschaften und Telefonieakustik
Kommen wir zur harten Währung, den Messdaten aus dem Labor. Gut bis sehr gut schlagen sich die Empfangseigenschaften des Magic 4 Pro im LTE- und GSM-Netz. Beim LTE-Empfang fehlt zur nächstbesseren Note noch eine etwas höhere Strahlungsleistung bei 800 MHz.
Ein gutes Hörbild liefert auch die Telefonieakustik. Sie kann mit einer klaren Verständlichkeit und effektiver Geräuschunterdrückung punkten. Um zur Spitzengruppe aufzuschließen, fehlt es der Lautstärke in Empfangsrichtung an ein paar Dezibel.
Honor Magic 4 Pro: Akkulaufzeit gut, aber mit Verbesserungsbedarf
Verbesserungsbedarf besteht bei der Akkulaufzeit. Mit 8:41 Stunden im Laufzeittest ist sie zwar gut, für ein Topgerät dieser Preisklasse aber zu kurz. Xiaomi holt zum Beispiel beim 12 Pro mit derselben Akkukapazität noch 1,5 Stunden mehr raus. Es ist wahrscheinlich dieser Umstand, der dem Gerät einen der vorderen Plätze in der Bestenliste verwehrt.
Nichtsdestotrotz: Das Magic 4 Pro macht sehr viel richtig und ist das bislang am besten ausgestattete Smartphone 2022. Es beschert Honor einen starken Wiedereinstieg in den deutschen Markt, und wir sind gespannt, was der Hersteller in den kommenden Monaten noch abliefert.